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Ärztliche Zwangsmassnahme
(25.02.2013)
BGH-Entscheidung (25.6.2010)
Patientenverfügungsgesetz (1.9.2009)
Jährlich sterben in Deutschland über 800.000 (2004: 818.000) Menschen. Die Hälfte stirbt in Krankenhäusern. Bei etwa 300.000 Patienten müssen Entscheidungen über das zu Ende gehende Leben getroffen werden. Vor allem, wenn es um das Unterlassen oder den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen (passive Sterbehilfe) geht, sind juristisch und medizinisch einwandfreie und verbindliche Patientenverfügungen sowie klar geregelte Vertretungsbefugnisse, also Vollmacht, unabdingbar (Patientenverfügungsgesetz).
In der Praxis zeigt sich jedoch: In den wenigsten Fällen liegen eindeutige Willenserklärungen vor. Häufig sind die vorgelegten Patientenverfügungen zu allgemein oder widersprüchlich formuliert und decken typische Konfliktsituationen im Behandlungs- und Heimalltag nicht aussagekräftig oder gar nicht ab, d.h., sie werden angezweifelt bzw. bleiben ohne verbindliche Wirkung.
Es besteht daher ein erheblicher Informations- und Aufklärungsbedarf bzgl. folgender Punkte:
Als problematisch erweisen sich vor allem:
Nach einer Infratest-Studie (Auftraggeber: Deutsche Hospiz Stiftung) ist zwar 70 % der Befragten bekannt, dass sie mit einer Patientenverfügung Vorsorge treffen können. Tatsächlich Vorsorge getroffen haben hiermit bis 2005 allerdings erst 14 % = 8,6 Millionen Menschen in Deutschland). Von den 14- bis 59-Jährigen halten ca. 9 % eine Patientenverfügung bereit. Die über 60-Jährigen unter den Befragten haben überdurchschnittlich (zu 23 %) mit einer Patientenverfügung vorgesorgt. Allerdings mit Patientenverfügungen von häufig zweifelhaftem Wert.
Offensichtlich hat die seit Jahren andauernde öffentliche Diskussion zur Notwendigkeit von Patientenverfügungen (abgesehen von den Seniorinnen und Senioren) wenig Früchte getragen. Als Hinderungsgründe macht die Studie in erster Linie die unklare rechtliche Lage (54 % der Befragten) sowie Unklarheiten bezüglich des Inhalts (52 %) und der Form (46 %) aus.
35% der Befragten befürchten, dass sich die Ärzte nicht an die Patientenverfügung halten werden.
Alarmierend ist, dass nach wie vor 35 % der Befragten glauben, eine Patientenverfügung sei nicht notwendig, weil die Angehörigen stellvertretend über alles entscheiden könnten.
Aufgrund der bestehenden Unklarheiten und Unsicherheiten überrascht es nicht, dass 88 % der untersuchten Gruppe der Meinung sind, dass fachkundige Hilfe beim Verfassen einer Patientenverfügung notwendig sei.
Als die drei Hauptmotivationen, eine Patientenverfügung zu erstellen, wurden ermittelt:
Vergleichbare Zahlen zur Akzeptanz der Vorsorgevollmacht liegen nicht vor. Das Vorsorgeregister, das bei der Bundesnotarkammer geführt wird, ist noch zu jung, um wirklich aussagekräftige Auswertungen zuzulassen (siehe Jahresberichte unter www.bundesnotarkammer.de ).
Verlautbarungen aus Betreuungsbehörden und Betreuungsvereinen legen nahe, dass der Fokus des Interesses immer noch vorwiegend auf der Patientenverfügung liegt und der Grad an Informiertheit über die Vorsorgeinstrumente Vollmacht und Betreuungsverfügung deutlich niedriger anzusetzen ist.
Ebenfalls steht der weit verbreitete Irrtum, Angehörige, Ehepartner, Kinder oder Lebenspartner könnten im Notfall füreinander stellvertretend Unterschriften leisten, Entscheidungen treffen und rechtsverbindlich handeln, der Einrichtung von Vollmachten entgegen.
Hartnäckig hält sich auch in den jüngeren Altersgruppen die Meinung, Vorsorgeverfügungen seien vor allem etwas für alte Menschen. "Darüber brauche ich noch nicht nachzudenken", lautet der Standardspruch.
Die Zahl der Menschen, deren Angelegenheiten durch einen vom Betreuungsgericht bestellten Betreuer geregelt werden müssen, ist mittlerweile auf über 1,2 Million angestiegen. Mit der prognostizierten, langfristig stärkeren Zunahme der Altersdemenz wird diese Zahl weiter deutlich ansteigen. Vor allem die Vorsorge mittels Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in jeglicher Form zu fördern, ist daher von erheblichem gesellschaftspolitischen Interesse.
Die Hauptmotivation „Selbstbestimmung bis zum Schluss“ (52 %) und die Forderung nach fachkundiger Beratung und Hilfe bei der Abfassung von Vorsorgeverfügungen (88 %), wie in der Infratest-Studie geäußert, war handlungsleitend bei der von erfahrenen Praktikern entwickelten Vorsorgemappe «für den Fall, dass ..., Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung». Aber auch der Wildwuchs an zweifelhaften Verfügungsformularen und -mustern forderte eine klare Alternative.
Den hier vorgestellten Formularverfügungen und Schritt-für-Schritt-Erläuterungen gehört die Zukunft, da sie medizinisch wie juristisch zweifelsfreie Vorgaben in Form von Fließdokumenten machen. Die Vorsorgewilligen entscheiden unterstützt durch Entscheidungshilfen zu jedem Regelungspunkt der Verfügungen selbstbestimmt, was sie für sich geregelt wissen wollen (Patientenautonomie. Nur was nicht gelten soll, wird in den Verfügungen gestrichen, durch ein handschriftlich angefügtes „entfällt“ und eine Paraphe bestätigt. Der nicht zu unterschätzenden Gefahr von Fälschungen, wie sie in Formularverfügungen mit Ankreuzkästchen möglich sind, wird damit der Boden entzogen.
Die Formularverfügungen bieten eine dauerhaft verbindliche Lösung zur Vorsorge für den Ernstfall. Sie folgen den entwickelten Standards für einwandfreie und verbindliche Vorsorgeverfügungen (Bundesministerium der Justiz: Formulierungshilfe Patientenverfügung, 2004; ibid: Betreuungsrecht, 2005, 16. Aufl.).
Das Gesetz zur Patientenverfügung, ab 1.9.2009 in Kraft, hat nun die bisher über Richterrecht entwickelten Standards gesetzlich normiert (Siehe Das Gesetz zur Patientenverfügung im Wortlaut mit kommentierenden Anmerkungen).