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Ärztliche Zwangsmassnahme
(25.02.2013)
BGH-Entscheidung
(25.6.2010)
Patientenverfügungsgesetz
(1.9.2009)
Neu ab 1. Januar 2023:
Auf Grund einer Gesetzesänderung (25. Februar 2013) bedürfen nun auch ärztliche Zwangsmaßnahmen (insbesondere in Situationen der erheblichen Selbstgefährdung des Vollmachtgebers/Betreuten) der Einwilligung durch den Bevollmächtigten/Betreuer, wenn der Betreute die Notwendigkeit einer ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann und ihm ein erheblicher gesundheitlicher Schaden droht. Vor der Einwilligung muss der Bevollmächtigte prüfen, ob die ärztliche Maßnahme dem früher erklärten freien Willen des Betreuten oder dem entspricht, was der Betreute jetzt wollen würde, wenn er nicht aktuell einwilligungsunfähig wäre.
Die Einwilligung des Bevollmächtigten bedarf der Genehmigung durch das Betreuungsgericht.
Entfallen die Voraussetzungen für die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme, so ist diese zu widerrufen und der Widerruf dem Betreuungsgericht anzuzeigen.
(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil
1. auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder
2. zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.
(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die Beendigung der Unterbringung dem Betreuungsgericht anzuzeigen.
(3) Widerspricht eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 dem natürlichen Willen des Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in sie nur einwilligen, wenn
1. der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,
2. zuvor versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,
3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung nach Absatz 1 zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden,
4. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere dem Betreuten zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann und
5. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt. § 1846 ist nur anwendbar, wenn der Betreuer an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert ist.
(3a) Die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Der Betreuer hat die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat den Widerruf dem Betreuungsgericht anzuzeigen.
(4) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.
(5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten und die Einwilligung eines Bevollmächtigten in Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 setzen voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in den Absätzen 1, 3 und 4 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.
Fassung aufgrund des Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18.02.2013 (BGBl. I S. 266) m.W.v. 26.02.2013.
Der Patientenanwalt und Rechtsmediziner Wolfgang Putz, vom Landgericht Fulda wegen "versuchten Totschlags durch aktives Tun" zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten (auf Bewährung) verurteilt, ist am 25.06.2010 vom 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs freigesprochen worden (siehe Pressemitteilung des BGH).
Die Begründung des Freispruchs: Der Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung auf der Grundlage des Patientenwillens - unabhängig von Art und Stadium der Krankheit - ist keine Tötung durch aktives Tun und nicht strafbar. Die Wiederaufnahme oder Fortführung einer künstlichen Ernährung gegen den erklärten Patientenwillen ist ein rechtswidriger Angriff gegen das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. (Und stellt, dies wurde hier nicht gesagt, eine strafbare Köperverletzung dar.)
Der 2. Strafsenat stützte sich in seiner Entscheidung nicht mehr auf die Entscheidungen anderer Senate (Richterrecht), sondern auf das so genannte Patientenverfügungsgesetz, das seit 1. September 2009 in Kraft ist.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sieht durch die BGH-Entscheidung vom 25. Juni 2010 nun "Rechtssicherheit" im Spannungsfeld zwischen verbotener aktiver und erlaubter passiver Sterbehilfe gegeben, wenn eine klar geäußerte Willensbekundung des Patienten vorliege, und verweist hierbei auf die Bedeutung der Patientenverfügung. Diese sollten allerdings medizinisch und rechtlich einwandfrei sein. (Siehe hierzu: Vergleich Verfügungshilfen).
Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die ursprünglich mitangeklagte Frau G. hat das Landgericht rechtskräftig freigesprochen.
Der Angeklagte ist ein für das Fachgebiet des Medizinrechts spezialisierter Rechtsanwalt. Nach den Feststellungen des Landgerichts beriet er die beiden Kinder der 1931 geborenen Frau K., nämlich die mitangeklagte Frau G. und deren inzwischen verstorbenen Bruder. Frau K. lag seit Oktober 2002 in einem Wachkoma. Sie wurde in einem Pflegeheim über einen Zugang in der Bauchdecke, eine sog. PEG-Sonde, künstlich ernährt. Eine Besserung ihres Gesundheitszustandes war nicht mehr zu erwarten.
Entsprechend einem von Frau K. im September 2002 mündlich für einen solchen Fall geäußerten Wunsch bemühten sich die Geschwister, die inzwischen zu Betreuern ihrer Mutter bestellt worden waren, um die Einstellung der künstlichen Ernährung, um ihrer Mutter ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Nach Auseinandersetzungen mit der Heimleitung kam es Ende 2007 zu einem Kompromiss, wonach das Heimpersonal sich nur noch um die Pflegetätigkeiten im engeren Sinne kümmern sollte, während die Kinder der Patientin selbst die Ernährung über die Sonde einstellen, die erforderliche Palliativversorgung durchführen und ihrer Mutter im Sterben beistehen sollten.
Nachdem Frau G. am 20.12.2007 die Nahrungszufuhr über die Sonde beendet hatte, wies die Geschäftsleistung des Gesamtunternehmens am 21.12.2007 jedoch die Heimleitung an, die künstliche Ernährung umgehend wieder aufzunehmen. Den Kindern der Frau K. wurde ein Hausverbot für den Fall angedroht, dass sie sich hiermit nicht einverstanden erklären sollten. Darauf erteilte der Angeklagte P. Frau G. am gleichen Tag den Rat, den Schlauch der PEG-Sonde unmittelbar über der Bauchdecke zu durchtrennen.
Frau G. schnitt Minuten später mit Unterstützung ihres Bruders den Schlauch durch. Nachdem das Heimpersonal dies bereits nach einigen weiteren Minuten entdeckt und die Heimleitung die Polizei eingeschaltet hatte, wurde Frau K. auf Anordnung eines Staatsanwalts gegen den Willen ihrer Kinder in ein Krankenhaus gebracht, wo ihr eine neue PEG-Sonde gelegt und die künstliche Ernährung wieder aufgenommen wurde. Sie starb dort zwei Wochen darauf eines natürlichen Todes auf Grund ihrer Erkrankungen.
Das Landgericht hat das Handeln des Angeklagten als einen gemeinschaftlich mit Frau G. begangenen versuchten Totschlag durch aktives Tun - im Gegensatz zum bloßen Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung durch Unterlassen - gewürdigt, der weder durch eine mutmaßliche Einwilligung der Frau K. noch nach den Grundsätzen der Nothilfe oder des rechtfertigenden Notstandes gerechtfertigt sei. Auch auf einen entschuldigenden Notstand könne sich der Angeklagte nicht berufen. Soweit er sich in einem sog. Erlaubnisirrtum befunden habe, sei dieser für ihn als einschlägig spezialisierten Rechtsanwalt vermeidbar gewesen.
Die Mitangeklagte G. hat das Landgericht freigesprochen, weil sie sich angesichts des Rechtsrats des Angeklagten in einem unvermeidbaren Erlaubnisirrtum befunden und deshalb ohne Schuld gehandelt habe.
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen in Fällen aktueller Einwilligungsunfähigkeit von einem bindenden Patientenwillen auszugehen ist, war zur Tatzeit durch miteinander nicht ohne weiteres vereinbare Entscheidungen des Bundesgerichtshofs noch nicht geklärt. Divergenzen in der Rechtsprechung betrafen die Verbindlichkeit von sog. Patientenverfügungen und die Frage, ob die Zulässigkeit des Abbruchs einer lebenserhaltenden Behandlung auf tödliche und irreversibel verlaufende Erkrankungen des Patienten beschränkt oder von Art und Stadium der Erkrankung unabhängig ist, daneben auch das Erfordernis der gerichtlichen Genehmigung einer Entscheidung des gesetzlichen Betreuers über eine solche Maßnahme. Der Gesetzgeber hat diese Fragen durch das sog. Patientenverfügungsgesetz mit Wirkung vom 1. September 2009 ausdrücklich geregelt. Der Senat konnte daher entscheiden, ohne an frühere Entscheidungen anderer Senate gebunden zu sein.
Das Landgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die durch den Kompromiss mit der Heimleitung getroffene Entscheidung zum Unterlassen weiterer künstlicher Ernährung rechtmäßig war und dass die von der Heimleitung angekündigte Wiederaufnahme als rechtswidriger Angriff gegen das Selbstbestimmungsrecht der Patientin gewertet werden konnte. Die im September 2002 geäußerte Einwilligung der Patientin, die ihre Betreuer geprüft und bestätigt hatten, entfaltete bindende Wirkung und stellte sowohl nach dem seit dem 1. September 2009 als auch nach dem zur Tatzeit geltenden Recht eine Rechtfertigung des Behandlungsabbruchs dar. Dies gilt jetzt, wie inzwischen § 1901 a Abs. 3 BGB ausdrücklich bestimmt, unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung.
Dagegen trifft die Bewertung des Landgerichts nicht zu, der Angeklagte habe sich durch seine Mitwirkung an der aktiven Verhinderung der Wiederaufnahme der Ernährung wegen versuchten Totschlags strafbar gemacht. Die von den Betreuern - in Übereinstimmung auch mit den inzwischen in Kraft getretenen Regelungen der §§ 1901 a, 1904 BGB - geprüfte Einwilligung der Patientin rechtfertigte nicht nur den Behandlungsabbruch durch bloßes Unterlassen weiterer Ernährung, sondern auch ein aktives Tun, das der Beendigung oder Verhinderung einer von ihr nicht oder nicht mehr gewollten Behandlung diente. Eine nur an den Äußerlichkeiten von Tun oder Unterlassen orientierte Unterscheidung der straflosen Sterbehilfe vom strafbaren Töten des Patienten wird dem sachlichen Unterschied zwischen der auf eine Lebensbeendigung gerichteten Tötung und Verhaltensweisen nicht gerecht, die dem krankheitsbedingten Sterbenlassen mit Einwilligung des Betroffenen seinen Lauf lassen.
Urteil vom 25. Juni 2010 - 2 StR 454/09
Landgericht Fulda - Urteil vom 30. April 2009 - 16 Js 1/08 - 1 Ks -
Karlsruhe, den 25. Juni 2010
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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Telefax (0721) 159-5501
Das Gesetz zur Patientenverfügung trat am 1. September 2009 in Kraft. Es schreibt gesetzlich fest, was bereits durch Beschlüsse des Bundesgerichtshofes (2003 und 2005) Rechtsstand ist: Patientenverfügungen sind bei Entscheidungsunfähigkeit als "fortwirkender Wille" des Verfügenden grundsätzlich zu beachten.
Die hier vertretene Position interpretiert das Gesetz begründet wie folgt. Das Gesetz regelt weder die Stellung der Patientenverfügung (PV) im Arzt-Patientenverhältnis, noch was für den Arzt gilt. Es regelt nur was der Vertreter, sofern einer bestellt ist, tun muss:
1. Prüfen, ob die PV wirksam und zutreffend ist, und falls ja, ihr Ausdruck und Geltung verschaffen (§ 1901a, Abs.1). D.h., er hat nicht über Behandlungsmaßnahmen zu entscheiden, in sie einzuwilligen oder sie abzulehnen.
2. Nur im Falle des § 1901a, Abs.2 (PV-Vorgaben stimmen nicht mit der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation überein oder es liegt keine PV vor) hat er die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage in ärztliche Maßnahmen einzuwilligen oder sie zu untersagen.
3. Aus 1. und 2. (und den §§ 1901b und 1904) ergibt sich indirekt auch, dass ein Vertreter nicht bestellt werden muss, wenn ein solcher nicht eingesetzt worden ist, aber eine PV vorliegt, die auf die Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Da der Patient antizipierend in die anstehende Behandlung eingewilligt oder sie abgelehnt hat, muss der Arzt den Weisungen der PV nach allgemeinen arztrechtlichen Grundsätzen folgen (Patientenautonomie).
In der Fachöffentlichkeit der Betreuungsbehörden wird neben dieser Auslegung auch eine Gegenposition vertreten, die aus dem Gesetz herausliest, dass der Arzt in jedem Behandlungsfall eines einwilligungsunfähigen Volljährigen einen Betreuer als Gegenüber haben muss.
Diese Auseinandersetzung erweist sich als gegenstandslos, wenn mit Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und/oder Betreuungsverfügung, die juristisch und medizinisch einwandfrei abgefasst sind, vorgesorgt wird. Die Informationen der hier angezeigten Vorsorgemappe mit ihren einwandfreien und fälschungssicheren Verfügungen verhelfen Vorsorgewilligen zu einer verbindlichen Vorsorge.
(3. Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechtes)
(In Kraft am 1. September
2009)
Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
Der bisherige § 1901a wird § 1901c; davor neu eingefügt:
(1) Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.
(2) Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung des Betreuten.
(4) Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden.
(5) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.
(1) Der behandelnde Arzt prüft, welche ärztliche Maßnahme im Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Patienten indiziert ist. Er und der Betreuer erörtern diese Maßnahme unter Berücksichtigung des Patientenwillens als Grundlage für die nach § 1901a zu treffende Entscheidung.
(2) Bei der Feststellung des Patientenwillens nach § 1901a Absatz 1 oder der Behandlungswünsche oder des mutmaßlichen Willens nach § 1901a Absatz 2 soll nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen des Betreuten Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, sofern dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.
§ 1904 BGB: Neu sind die Abs. 2, 3 und 4 sowie 5 (vormals 2). Das Genehmigungsverfahren des Betreuungsgerichts entfällt bei Einvernehmen zwischen Arzt und Betreuer bzw. Bevollmächtigtem (§ 1904 Abs. 4 bzw. Abs. 5 BGB).
Abs.1 bleibt in Kraft (lediglich in der 3. Zeile geändert: "Vormundschaftsgericht" in "Betreuungsgericht")
(2) Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet.
(3) Die Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist zu erteilen, wenn die Einwilligung, die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht.
(4) Eine Genehmigung nach Absatz 1 und 2 ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901a festgestellten Willen des Betreuten entspricht.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für einen Bevollmächtigten. Er kann in eine der in Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 genannten Maßnahmen nur einwilligen, nicht einwilligen oder die Einwilligung widerrufen, wenn die Vollmacht diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst und schriftlich erteilt ist.
Änderungen im FamFG: Die § 287 Abs. 3 und § 298 kommen nur dann zur Anwendung, wenn zwischen Betreuer / Bevollmächtigtem und behandelndem Arzt kein Einvernehmen zustande kommen sollte (Konfliktfall). Ist § 1904 Abs. 4 bzw. Abs. 5 jedoch erfüllt, bleiben das Gericht uneingeschaltet und § 287 sowie § 298 unangewendet.
Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)
(Abs. 1 und 2 unverändert)
(3) Ein Beschluss, der die Genehmigung nach § 1904 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Gegenstand hat, wird erst zwei Wochen nach Bekanntgabe an den Betreuer oder Bevollmächtigten sowie an den Verfahrenspfleger wirksam.
(1) Das Gericht darf die Einwilligung eines Betreuers oder eines Bevollmächtigten in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff (§ 1904 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) nur genehmigen, wenn es den Betroffenen zuvor persönlich angehört hat. Das Gericht soll die sonstigen Beteiligten anhören. Auf Verlangen des Betroffenen hat das Gericht eine ihm nahestehende Person anzuhören, wenn dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist.
(2) Das Gericht soll vor der Genehmigung nach § 1904 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die sonstigen Beteiligten anhören.
(3) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers ist stets erforderlich, wenn Gegenstand des Verfahrens eine Genehmigung nach § 1904 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist.
(4) Vor der Genehmigung ist ein Sachverständigengutachten einzuholen. Der Sachverständige soll nicht auch der behandelnde Arzt sein.
Siehe auch die Beispielseiten aus der Broschüre als PDF zum Thema Sterbehilfe.